Was verstehen wir unter Verhaltenstherapie
Verhaltenstherapie ist eine wissenschaftliche Form
der Psychotherapie mit empirisch belegtem positivem
Wirkungsprofil bei den meisten psychischen und psychosomatischen
Störungen sowie bei zahlreichen körperlichen
Erkrankungen. Kennzeichen der Verhaltenstherapie ist,
dass Therapeut und Patient als Partner in einem Behandlungsteam
sowohl bei Diagnostik, Therapieplanung wie Therapiedurchführung
eng zusammenarbeiten. Vorab werden klare Behandlungsziele
definiert und es wird darauf geachtet, dass therapeutische
Angebote und Übungen vom Patienten akzeptiert werden
bzw. im Therapieverlauf so verändert werden, dass
der Patient sie gut annehmen und motiviert durchführen
kann. Während des Therapieverlaufes überprüfen
Patient und Therapeut, ob die Therapie auch die gewünschten
Erfolge hat.
Die Verhaltenstherapie bezieht aus der Psychologie
grundlegende Erkenntnisse darüber, wie Lernprozesse
ablaufen, welche Einflüsse die Beziehungen zu anderen
Menschen auf unser Erleben und Verhalten haben und wie
sich der Mensch während seiner Entwicklung vom
Säugling zum Erwachsenen und zum älteren Menschen
verändert. Die Psychologie untersucht, wie sich
die Lebensgeschichte, die körperlichen und geistigen
Veranlagungen, aber auch Traumata und die Anforderungen
der aktuellen Lebenssituation auf den Menschen auswirken
und in Folge entweder Störungen mit bedingen können
oder aber Gesundheit trotz erheblicher Belastungen ermöglichen.
Für eine verantwortungsvolle verhaltenstherapeutische
Tätigkeit ist Wissen aus Psychiatrie, Verhaltensmedizin
und den kognitiven Neurowissenschaften Voraussetzung.
Zum Bereich der Psychiatrie gehört das Wissen über
psychopharmakologische Möglichkeiten der Beeinflussung
von menschlichem Verhalten. Durch die Kombination von
Verhaltenstherapie und medikamentöser Therapie
kann auch schwer erkrankten Patienten geholfen werden.
Die neurobiologische Gehirnforschung, oft auch als
kognitive Neurowissenschaft bezeichnet, untersucht wie
unser Denken, Fühlen und Handeln durch Prozesse
unseres Gehirns gesteuert wird und wie sich andererseits
Erfahrungen, Denk- und Verhaltensweisen wiederum auf
das Gehirn auswirken.
Wichtige Erkenntnisse für die Verhaltenstherapie
aus den kognitiven Neurowissenschaften sind, dass Emotionen
im menschlichen Erleben und Verhalten einen zentralen
Stellenwert einnehmen und unser Denken bedeutsam beeinflussen.
Dieses sogenannte Primat der Emotionen hat in der Verhaltenstherapie
zahlreiche neue Überlegungen zur Diagnostik und
Therapie von psychischen Problemen angeregt (z.B. für
den Bereich der Persönlichkeitsstörungen).
Eine weitere zentrale Erkenntnis ist, dass der Mensch
nicht nur ein Gedächtnis hat, sondern mehrere Gedächtnissysteme
besitzt. So unterscheiden wir z. B. das Gedächtnis
für Fertigkeiten, das Gedächtnis für
automatisches und emotionales Lernen von einem autobiografischen
Gedächtnis oder einem abstrakteren Wissensgedächtnis
über die Welt. Da psychische Störungen meist
in verschiedenen Gedächtnissystemen verankert sind,
liegt es nahe, in der Therapie unterschiedliche Zugangswege
zu nutzen, die von praktischen Verhaltensübungen,
kognitiven Veränderungen der Denkweisen bis zum
emotionalen Wiedererleben von traumatischen Erlebnissen
reichen können.
Seit mehr als 50 Jahren wird untersucht, wie Psychotherapie
überhaupt funktioniert und wie ihre Wirkungen verbessert
werden können. Aufgabe ist es, diese Forschungsergebnisse
aus vielen wissenschaftlichen Gebieten zusammen zu tragen,
damit dieses Wissen in der verhaltenstherapeutischen
Behandlung umgesetzt werden kann. Die Verhaltenstherapie
integriert besonders gut moderne Erkenntnisse und Entwicklungen
in den Schatz ihrer bewährten Therapiemethoden.
Zusammenfassend lässt sich die moderne Verhaltenstherapie
also als eine Form der Psychotherapie bezeichnen, mit
der psychische, psychosomatische und zum Teil auch körperliche
Störungen des Menschen günstig beeinflusst
oder sogar geheilt werden können. Besonderes Kennzeichen
der Verhaltenstherapie ist ihre klare Zielorientierung
auf der Basis einer guten Therapeut-Patient-Beziehung.
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